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Der Stadtteil Dulsberg
Heute und in Zukunft

Soziale Benachteiligung,
Quartiersentwicklung und "Empowerment" Monika Alisch und Jens S. Dangschat Auszüge

Vorspann:
Schließlich ist die Sichtbarkeit der räumlichen Konzentration von Benachteiligung und sozialer Ungleichheit in Städten die Voraussetzung dafür, überhaupt lokale Strategien der Gemeinwesenarbeit und der Stadtteilentwicklung zu erarbeiten, bei denen die Stärken des Quartiers und die Stärken ihrer Bewohner gesucht, erkannt, genutzt und weiterentwickelt werden …

Einleitung:
Es wird immer offensichtlicher, dass sich Wohlstands- und Wohlfahrtsentwicklung für einzelne soziale Gruppen und von Regionen immer stärker auseinander entwickeln. Während die einen uneingeschränkt die Vorzüge des Wachstums genießen, verlieren andere immer stärker an Entwicklungstempo, fallen zurück, werden ins Abseits gedrängt, werden vergessen. Diese zunehmende Ausdifferenzierung findet im weltweiten Maßstab ebenso statt, wie innerhalb Europas, innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU oder eben auch innerhalb von Großstadtregionen. 
Diese polarisierenden Phänomene werden in der Regel innerhalb der Armutsdebatte behandelt und/oder als Steuerungs- und Finanzierungsproblem einer sich in immer stärkerem Maße überfordert fühlenden Sozialpolitik interpretiert. Damit wird der Mangel betont: das Ausmaß unzureichender Qualifikationen, der staatliche Auftrag, zu betreuen. Diese Perspektive gibt kaum den Blick auf die Ursachen frei, die in der Selbstverständlichkeit unseres Handelns liegen, und übersieht die entwerteten oder nicht akzeptierten Ressourcen dieser Menschen, ihrer Netzwerke, ihrer Wohnquartiere.

Mangelnde Wohnraum- und Wohnumfeldqualitäten benachteiligen die Lebens- und Partizipationschancen der dort Wohnenden. Benachteiligende Rahmenbedingungen und die gleichzeitige Furcht der Außenstehenden führen zu einer verhängnisvollen Kette zunehmenden abweichenden Verhaltens und der Kriminalisierung.

Um Änderungen herbeiführen zu können, ist das politisch-planerische Umfeld entscheidend. Es bedarf geeigneter Rahmenbedingungen, Förderungsmöglichkeiten, Einbindungen und Umsetzungen. Dazu ist es jedoch notwendig, etwas mehr als meist zugegeben von den Zusammenhängen zu erfahren, die nicht nur in der Entstehungsgeschichte von sozialer Ungleichheit, Armut und deren Verräumlichung liegt, sondern eben auch in den gesellschaftlichen Reaktionen und Verstärkungen, in deren Folge Verschiedenheit hierarchisch empfunden wird. Das beinhaltet, dass Erwerbsarbeit höher bewertet wird als Hausarbeit, dass die deutsche Sprache mehr zählt als beispielsweise die türkische und dass viel Geld zu haben, Menschen "wertvoller" erscheinen lässt.

Es gilt lokale Strategien der Gemeinwesenarbeit und der Stadtteilentwicklung zu erarbeiten, bei denen die Stärken des Quartiers und ihrer Bewohner gesucht, erkannt, genutzt, eingebunden und weiterentwickelt werden.

Gebündelte Kraft, Stadtteilmanagement:
Mit dem "Stadtteilmanagement" beginnt sich ein Begriff für die Aufgaben in benachteiligten Stadtteilen durchzusetzen, der sich von den rein betreuenden und fürsorgerischen Interventionsversuchen der gebietsbezogenen Sozialarbeit absetzt. Die wesentlichen Handlungsprinzipien des Stadtteilmanagements stecken in den Begriffen Quartiersbezug, Prozess- und Bewohnerorientierung. Die Aufgabe ist in mehrfacher Hinsicht auf das Quartier gerichtet: 
1. Alle Projekte, Vorhaben und Strategien gehen von den personellen, räumlichen, finanziellen und institutionellen Ressourcen aus, die im Quartier vorhanden sind (endogene Potentiale). 
2. Eine normative Vorstellung des Idealstadtteils wäre ein falsches Vorbild. Realisiert wird, was im Stadtteil machbar und milieugerecht ist. 
Das Stadtteilmanagement richtet sich nach den vorhandenen baulichen und sozialen Strukturen sowie der gegebenen Nutzungsstruktur (Bedürfnisgerechtigkeit). 
3. Ausgangspunkt sind die bei 
der Bewohnerschaft vorhandenen Potentiale, Fähigkeiten und Aktivitäten; sie gilt es zu stärken (Empowerment). 
4. Sichergestellt werden muss dabei, dass Projekte und Verfahren sozial- und umweltverträglich sind und somit auch ungewollte Nebenwirkungen rechtzeitig abgeschätzt werden können (Nachhaltigkeit) (vgl. Alisch 1998).

Diese Ansprüche an die Vorgehensweise zu erfüllen setzt voraus, dass die benachteiligenden Quartiere und ihre Bewohner nicht länger einzig und allein als "Problemgebiete" und "Problemgruppen", also defizitär gesehen werde - dies ist in der Regel die Betrachtungsweise von außen. Es sollte vielmehr von innen heraus ein Blick dafür entwickelt werden, worin die Potentiale eines Gebietes liegen und wo sich Ressourcen für eine Entwicklung erschließen lassen.

Nicht zuletzt bietet das Stadtteilmanagement eine Chance für die konsequente Weiterentwicklung bisheriger Beteiligungsverfahren - von der rein angebotsorientierten Beteiligung an "von oben" und "von außen" gesteuerten Planungsprozessen hin zu einer kooperativen, eigenverantwortlichen Partizipation an den Entwicklungsprozessen. 
Es geht insbesondere darum, jene Menschen 
zu erreichen, die außerhalb der formellen und informellen kommunalpolitischen Gremien und Netzwerke stehen. Eine städtische Politik gegen Vernachlässigung, Benachteiligung und Verarmung hat deshalb die Aufgabe, ein konstruktives soziales Engagement wieder zu wecken und dafür auch angemessene Formen der Partizipation zu entwickeln oder jene Formen der Einmischung und Mitwirkung, die sich quasi "von unten" selbständig entwickeln, zu akzeptieren und zu unterstützen.

Eine in dieser Weise intensivierte und institutionalisierte Bürgerbeteiligung und -aktivierung würde eine doppelte Zielsetzung erfüllen: einerseits die Vorbehalte bei den Bewohnern abbauen und durch Möglichkeiten zur Partizipation Formen des Engagements zu entwickeln und andererseits sollte in der Vor-Ort-Arbeit der vorhandene Sachverstand ernst genommen und konstruktiv geformt werden. Das heißt auch, dass den Bewohnern die Kompetenz für die Belange und Veränderungen ihres Quartiers zugebilligt werden und sie somit vom "Betroffenen" zum "Kooperationspartner" werden. Dazu bedarf es nicht nur einer anderen Sicht von Politik und Verwaltung auf benachteiligte Quartiere und die Menschen, die dort leben - es setzt auch voraus, dass die Bewohner dazu befähigt werden, am Prozess 
der Quartiersentwicklung zu partizipieren. 
Sie müssen dazu "ermächtigt" werden, ihre Belange selbst in die Hand zu nehmen und ihre Lösungswege durchzusetzen. Nicht umsonst heißt der englische Begriff dafür "Empowerment": 
Er symbolisiert den Weg einer Umverteilung der Macht von oben nach unten; er beinhaltet aber auch eine gleichberechtigte Verhandlungskompetenz. Da die entwerteten Strukturen jedoch kaum eine Chance haben, in dem Wettbewerb, aus dem die Einheiten ausgemustert wurden, angemessen zu bestehen, sollten die Empowerment-Strategien, gemessen an den lokalen Bedürfnissen und Fähigkeiten, die Voraussetzungen dafür schaffen, dass nach eigenen Wertvorstellungen und orientiert an Alltags-Kompetenzen die bestehenden Qualifikationen entwickelt werden. 
Neue Aufgaben brauchen eigene "Kommunikationspfade". Es sind nicht die Verfahren, sondern die unterschiedlichen Menschen und ihre Beziehungen untereinander, die diese Kommunikationspfade definieren (vgl. Staubach 1997). Dieses zuzulassen und zu akzeptieren, dass damit in den Quartieren Prozesse mit offenem Ausgang in Gang gesetzt werden, bleibt der Appell an Politik und Verwaltung.

Literatur:

  • Alisch, Monika (Hrsg.) 1998: Stadtteilmanagement. Voraussetzungen und Chancen für die Soziale Stadt. Opladen: Leske+Budrich.
  • Alisch, Monika; Dangschat, Jens S. 1998: Armut und soziale Integration. Strategien sozialer Stadtentwicklung und lokaler Nachhaltigkeit. Opladen: Leske+Budrich.
  • Dangschat, Jens S. 1995: "Stadt" als Ort und als Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung. n: Aus Politik und Zeitgeschichte B31-32/95: 50-62.
  • Huster, Ernst-Ulrich 1996: Armut in Europa. Opladen: Leske+Budrich.
  • Huster, Ernst-Ulrich (Hrsg.) 1997: Reichtum in Deutschland. Die Gewinner der soziaalen Polarisierung Frankfurt am Main & New York: Campus.
  • Staubach, Reiner 1997: Den Bürgern mehr zutrauen. In: STEG (Hrsg.) 1997: Forum Stadterneuerung 96. Quartiere entwickeln 
    statt erneuern.
        

Menschen
Menschen in Dulsberg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Immpressionen-Dulsberg
Stadtteilfotos

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wohnraum
Wohnraum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Innenhöfe und Grünflächen zum spielen
Hier können Kinder spielen...
und immer wieder eingestreut Innenhöfe und Grünflächen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alleinerziehende Mütter
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